MONTAG * 31OCTOBER 2005
Cairo - Luxor
Irgendwie reichen die Nächte nicht mehr aus, um ganz auszuschlafen.
Um 08:00 Uhr sollen wir vom Reiseführer für den heutigen Vormittag abgeholt werden. Um 07:00 habe ich gefrühstückt und davor am Computer im
Internet gearbeitet. Ich habe mir auch Mühe gegeben, meine Gedanken in Worte zu fassen. Aber das Schicksal hat in Form einer Scratch-Internet bei mir zugeschlagen. Das sind zeitlimitierte vorbezahlte Karten, die
bei Ablauf der bezahlten Zeit den Nutzer erbarmungslos aus dem System herausschiessen - in diesem Falle mich, bevor mein Text auf den Weg geschickt wurde - Text weg...ist nur noch in meinem Kopf - noch einmal
schreiben...
Den Führer lassen wir erst mal noch eine Stunde warten. Er hat Verständnis, zumal es einer der gestrigen Mitarbeiter vom Flughafen ist.
Wir versuchen gemeinsam unser Glück im Internet.
Dann Fahrt zu den Pyramiden. Kaum in Worte zu fassende Eindrücke. So viel Geschichte auf einem Haufen. Genauer gesagt auf drei grossen Haufen und
sechs kleinen Haufen. Die drei grossen Pyramiden haben aufregende Dimensionen. Man wird schon andächtig. Aber nicht für zu lange. Dann machen die örtlichen Touristenführer Jagd auf das Frischfleisch. Mit
scharfen Augen werden die noch nicht abgezockten Touristen erkannt und erlegt. Make a photo of me, I show you the pyramids, I will give you a gift, just sit on my camel und weitere günstige Einladungen. Wie auf
einer Werbeverkaufstour.
Ich mache den Fehler und steige für 1 Foto auf ein niedergeknietes Kamel. Nach dem Foto keine Chanse abzusteigen. Mein Kamelführer will jetzt mich
als Tourist erlegen... Das Kamel steht auf und er führt mich damit durch die Anlagen - begleitet von scheinbar humorvollen Kommentaren, von denen ich mehr als die Hälfte sowieso nicht verstehe. Irgendwann komme
ich wieder bei meinen Leuten an, die zwischenzeitlich den Standort gewechselt habe. Dem Kamel geht es gut, mir auch...
Dann besuchen wir eine Pyramide von innen. Keiner hat aber vorher gesagt, dass der Gang erst mal im etwa 30 Grad-Winkel über etwa 20 Meter in die
Tiefe führt, und das bei einer Pygmenen-Stehhöhe von etwa 1,20 Metern. Das Ganze noch im Gegenverkehr. Die Schweissperlen auf den entgegenkriechenden Gegenverkehr und die zunehmend stickig und wärmer werdende
Luft lassen ahnen, was sich auf Überlebenslehrgängen abspielen muss. Aber es lohnt sich, das Gefühl zu erleben, dass man mehr als 130 Meter Pyramide auf dem Kopf hat.
Wieder draussen angekommen, wirkt die smogverseuchte Luft der Grossstadt Cairo wie Balsam auf der Lunge.
Mit dem Auto geht es dann noch zu Freunden des Führers. Das Freunde immer etwas verkaufen wollen.
Dieses Mal ist es Papyrus. Erst wird erklärt und dann der potentielle Käufer nicht mehr aus dem Einflussbereich gelassen.
Wir handeln schwer und erstehen drei Papyruswerke für zusammen 50,00 Euro. Der Verkäufer macht ein Kompliment über mich an Markus, dass ich so hart
verhandelt hätte. Solche Komplimente machen mich misstrauisch. Wahrscheinlich habe ich viel zu früh klein beigegeben.
Trotzdem freuen wir uns über unsere neuerstandenen Werke. Es muss halt alles leicht und handlich sein. So furchtbar viel Platz haben wir im Flugzeug
nicht und ein neues Weight und Balance fürs Flugzeug mag ich auch nicht ausrechnen. Ich will lieber an die alte Rechnung glauben...
Gegen 14:00 Uhr sind wir wieder an unserem Prachtterminal. Ãœberall wird geschrubbt und gewienert.
Wir bekommen unsere Rechnung: Nicht gut - Handling 600 US-Dollar.
Gut: Der bestellte Treibstoff im Fass sollte zusätzlich zum reinen Spritpreis 600,00 Dollar extra kosten. Es bleibt aber bei den 600,00 Dollar als
Endpreis für den Treibstoff.
Rundfahrt, Handling, Treibstoff am Schluss zusammen 1100,00 Euro. Hat aber Spass gemacht. Dafuer muss uns der Handling Agent noch einige kalte
Getränke stiften... macht ihn nicht wirklich ärmer.
Wir werden wieder über das unendliche Vorfeld zu unserem Flieger gebracht. Dort steht er einsam und alleine, wo doch Platz für mindestens 200 mehr
seiner Gattung dort wäre.
Ein Pritschenwagen bringts das Fass mit dem Treibstoff. Es sieht arg verbeult auf. Ein Riesenfeuerwehrwagen der Flughafenfeuerwehr mit umfangreicher
Mannschaft stellt sich neben dem Flugzeug sicherheitshalber auf. Aus ihrem Führerhaus koennen sie schön auf unser Flugzeug hinunterschauen.
Das verbeulte Fass wird mit viel Aufwand geöffnet und dann mit einer immer wieder klemmenden und leckenden Handpumpe das wertvolle Nass in die
beiden Tanks gepumpt.
Gleichzeitig wird uns bestätigt, dass am Zielflughafen in Luxor ein weiteres Fass bereit steht.
Dann wollen wir auch noch gerne Stempel in unseren Logbüchern, so war es zugesagt aber auch schnell wieder vergessen worden. Ein Vorfeldmitarbeiter
macht sich mit unseren Büchern auf dem grossen Flughafen zwecks Stempeleinholung zum Tower unterwegs.
Am Schluss hat alles gut funktioniert und wir bekommen unsere Rollfreigabe. In der Abenddämmerung geht es auf die Startbahn 05R und ab in
die Luft.
Es wird Nacht und endlos ist der Abendhimmel zu sehen. Schemenhaft erkannen wir unter uns Wüste. Nichts als Wüste.
Erst in der Nähe von Luxor tauchen wieder Lichter am Boden auf. Es kommt einem in der Dunkelheit vor, als wenn die beleuchteten Strassen aus der Luft
wie das Adersystem eines lebenden Körpers wirkt. Dauernd strömt in diesen Adern das Blut bzw. die Menschen.
Landung bei klarer Luft in Luxor und ein überaus freundlicher Empfang. Nicht überkanditelt, sondern wirklich freundlich, kompetent und freundlich.
Und auf die Frage nach dem bevorrateten Treibstoff im Fass die freundliche Antwort, dass man seit Jahren ein Tankfahrzeug mit AVGAS 100 besitzt (der
Treibstoff ist aber frischer). Das Fahrzeug ist ein alter Mercedes, der bestimmt seine 40 Jahre auf dem Buckel hat. Irgendeine seltsame Treibstoffbezeichnungsteht auf dem Tank, aber ganz klein an der Seite steht
dann doch AVGAS 100. Wir glauben dem Tankwart.
Auch hier werden wir eindrücklich aufgefordert, etwas am nächsten Morgen zu verweile. gibt hier sooo viel zu sehen.
Wir lassen uns gerne breitschlagen, verabreden uns zur nächsten Führung am Folgetag um 08:00 Uhr im Hotel und freuen uns darauf, was an Kultur auf
uns hereinstürzen wird.
Vor dem Schlafen gehen noch ein Telefonat mit der Advanced AIS in Frankfurt und Absprache des morgigen Flugplanes nach Dammam in Saudi Arabien für
12:00 Uhr - oder vielleicht auch etwas später, wir werden sehen.
Arnim
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